Dreißig Minuten, dann ist aber Schluss

Medienkonsum von Kindern: Wie viel ist noch gesund?

Ich bin gefangen! In einem Diskussionskreis, aus dem ich nur ausbrechen kann, indem ich mich entweder unbeliebt mache oder nachgebe. Aber täglich diskutiere ich mit dem Sohn darüber, wie lange er sich mit dem Tablet beschäftigen darf. Wir haben hier daheim wenige digitale Endgeräte – der Mann und ich haben je ein Smartphone. Das Tablet darf jeder benutzen. Dann haben wir noch eine Fernseher, den das Kind nicht interessant findet und einen PC, der mein Arbeitsgerät ist. Die Vorliebe für das Tablet besteht beim Kind nun schon länger – vermutlich, weil es frei verfügbar ist (nach Absprache). Seit zwei Jahren ist er nun regelmäßig bei YouTube unterwegs. Anfangs war er noch mit „Tom, der Abschleppwagen“ zufriedenzustellen (obwohl mich diese Art von Videos schon zweifelnd zurückgelassen haben). Mittlerweile liebt es der Sohn, sich Videos anzuschauen, in denen YouTuber Minecraft spielen.

Minecraft ist ein Videospiel, dass man genauso auf Konsole, online oder auf anderen medialen Endgeräten spielen kann. Anderen dabei zuzuschauen, wie sie ein Videospiel spielen, nennt man Lets-play-Videos.

Als sich diese Vorliebe einschlich, war ich irritiert, dass man Spaß an solchen Videos haben kann. Als das Kind dann noch mit der Bitte nach Hause kam, das Spiel selber mal auszuprobieren, war ich mit meinem Latein ehrlich gesagt am Ende, denn erstens wusste ich gar nicht, was das Spiel kann oder ob es zweitens überhaupt für Kinder seines Alters geeignet ist. Gehört davon hatte ich schon, Horrornachrichten darüber auch schon vernommen, aber intensiv habe ich mich damit nicht beschäftigt. Erst als sein Drängen doch stärker wurde, find ich an, mal zu forschen. Solche Spiele schrecken mich ja immer ab, wenn sie Geld kosten. Allerdings weiß ich auch, dass man nur werbefrei gut spielen kann – zahlreiche kostenlose Apps verlieren hier ihren Reiz, weil sie eine reine Dauerwerbesendung sind.

Also durchforstete ich mal den App Store auf der Suche nach einer Alternative zu Minecraft. Ich fand auch eine – aber die Spielführung mit dem Tablet machte dem Kind wenig Spaß und war auch komplizierter. Zeitgleich fing auch der Mann an, sich für diese Alternative zu interessieren und schaute dem Kind über die Schulter und übernahm immer häufiger die Spielführung. Bis es ihm zuviel wurde – er investierte dann doch ein paar wenige Euros in das richtige Spiel. Das brachte den Stein ins Rollen – zum Glück muss man sagen, denn ohne seine Initiative hätte ich mich echt gescheut, das Spiel zu kaufen und nun spielen Mann und Kind Minecraft auf dem PC. Das Kind mit knapp acht Jahren spielt den Kreativmodus. Das bedeutet, dass er in dem Spiel nicht sterben kann und auch weniger kämpfen kann. Der Mann spielt hingegen die Version, in er regelmäßig hops geht, weil er in Lava fällt oder andere dämliche Tode stirbt.

Meine Scheu vor der Thematik Videospiele habe ich abgelegt, seit ich mich damit beschäftige. Gerade bin ich dabei, die Regelung fürs Tablet aufzuweichen oder für mich zu hinterfragen. Wie lange soll das Kind schauen dürfen. Da bin ich Patricia Cammerata alias dasnuf sehr dankbar, dass sie zur selben Zeit ihr Buch „Dreißig Minuten, dann ist aber Schluss!“ (über den Link kann man das Buch kaufen und unterstützt gleichzeitig den lokalen Buchhandel, also ohne das böse A) veröffentlicht hat. Sie hat mir gute Denkanstöße gegeben, die ich hier auch gern weitergeben möchte, denn ich glaube, dass viele Eltern immer wieder diskutieren müssen. Was, um das mal vorweg zu nehmen, nicht schlimm ist und auch gewünscht, denn nur so kommt man in den Austausch mit seinen Kindern. Hier mal ein paar zusammenfassende Gedanken aus dem Buch.

  • Videospiele, Apps und andere digitale Angebote sind nicht per se schlecht. Verteufelt also nicht alles, was die Kinder am Internet mögen.
  • Das echte und das digitale Leben sind nicht zwei paar Schuhe – sie sind der rechte und der linke Schuh und gehören zusammen.
  • Entscheidend ist nicht die Dauer des Konsumierens, sondern die Qualität.
  • Videospiele sind nicht mal eben in einer halben Stunde zu spielen. Manche Spielen haben Speichermechanismen, die anders funktionieren und sich nicht an Zeit orientieren.
  • Sprecht mit euren Kindern über ihre Interessen, informiert euch vorher, was dahinter steckt und schaut euch diverse Meinungen an.
  • Klärt eure Kinder über die Gefahren des Internets auf. Das bedeutet aber auch, dass ihr euch darüber im Klaren sein müsst, dass auch ihr mit euren Daten vorsichtig sein müsst.
  • Verteufelt nicht per se alles! (mein eigenes Learning, siehe Minecraft. Und ja, ich wiederhole mich!)
  • Lasst die Kinder mit Inhalten aus dem Internet nicht allein.
  • Ich muss die Inhalte, die das Kind konsumiert, nicht gut finden. Erinnert euch an euren eigenen Fernsehkonsum, von BigBrother oder Popstars bis hin zu Germany’s Next Topmodel.

Es gibt viele gute Denkanstöße, die ich verinnerlicht habe. Nun weiß ich auch, dass ich mich nicht zurücklehnen kann, wenn ich mit dem Sohn da einmal drüber gesprochen habe… mit zunehmenden Alter werden die Wünsche an die digitale Welt wachsen und wir als Eltern werden immer wieder gefordert, uns damit zu beschäftigen. Medienkompetenz ist das Stichwort. Und die muss ich nicht nur meinem Sohn beibringen, sondern im Endeffekt auch mir.

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